Michael Sturminger
La clemenza di Tito

La clemenza di Tito

La clemenza di Tito / 2007

Opera by Wolfgang Amadeus Mozart

 

Production: Opera House Graz

Cast: Alexandrs Antonenko, Tamar Iveri, Stefanie Houtzeel, Jutta Panzenböck, Margareta Klobucar und Wilfried Zelinka.
Сonductor: Michael Hofstetter.
Costume Designer: Renate Martin und Andreas Donhauser.
Stage Director: Michael Sturminger

Phänomenales Sängerensemble: “La clemenza di Tito” in Graz.

Wie schön, eine Besprechung einer Mozart-Oper mit einem Sänger-Lob beginnen zu können, und die großartige Leistung von Stephanie Houtzeel steht hier an allererster Stelle: Selten hat man eine stimmlich so absolut souveräne wie darstellerisch berührende Gestaltung des Sextus erlebt wie an diesem Abend, donnernder Applaus schließlich für diese Weltklasseinterpretation!

Tamar Iveri bleibt zwar das schauspielerische Raffinement weitgehend schuldig, begeistert jedoch durch die differenzierten Nuancen ihrer cremig weichen Luxusstimme, besonders in den strömenden tiefen Lagen. Aleksandrs Antonenko befreit als Titus seinen kraftvoll-heldischen Tenor im Laufe des Abends mehr und mehr aus kehligen Einschnürungen, und Margareta Klobucar als ätherische Servilia gelingt ein himmlisch-silberreines „S‘altro che lacrime“. Jutta Panzenböck (Annio), Wilfried Zelenka (Publio) und der mit überaus kultivierten Piani aufwartende Chor komplettieren schließlich ein schier ideales Mozartensemble.

„Tempodramaturgie“? Langeweile!

Michael Hofstetter versucht, vom Pult aus das Grazer Philharmonische Orchester in ein Originalklangensemble zu verwandeln, zahlt jedoch für diese zweifellos kompetente und akribisch ausgeführte historische Orientierung einen hohen Preis: viel zu lange Rezitative, sprachlich zugespitzte Rhetorik auf Kosten der Wärme musikalischer Phrasen, dröhnende Pauken und scheppernde Hörner, dazu ständige Koordinationsprobleme zwischen Orchester und Bühne, zähklebrig verschleppte Tempi einerseits und maschinell ratternde Presto-Passagen andererseits. Was früher einmal Langeweile hieß, nennt sich aber heute bekanntlich „Tempodramaturgie“. Von Mozarts visionär-oratorischem Spätstil war jedenfalls nicht der kleinste Hauch zu verspüren.

Michael Sturmingers klarerweise in die Gegenwart gezoomte Inszenierung wirkt über weite Passagen hinweg etwas statisch, doch vermeidet er glücklicherweise jeglichen pauschal-jakobinischen Emanzipationsgestus gegen „die Mächtigen da oben“. Trotz aller Einwände jedoch ein gelungener, akklamierter Mozartabend zum Saisonfinale in Graz.

-MICHAELA BRUCKBERGER, “Die Presse” 05.06.2007

 

“Obwohl Mozarts letzte Oper als szenisch schwer belebbar gilt, erzählt der österreichische Regisseru sie recht vital und verständlich. Er versteht es auch, die Protagonisten schlüssig zu führen und berührende Momente zu erzeugen. (…) Unter dem energiegeladenen Michael Hofstetter wird akzent-, farben- und nuancenreich und nur selten zu wenig transparent musiziert. (…) Einhelliger Jubel!”

– “Der Kurier” vom 05.06.2007

 

Regisseur Sturminger vermag (…) spannendes Theater zu kreieren: Die Oper wird zum Polit-Thriller, wie er sich auch im Weißen Haus oder im Kreml abspielen könnte. (…) Das dieser “Titus” so spannend ist, liegt vor allem an den Interpreten. Houtzeel ist das Kraftzentrum des Abends. Sie spielt den Verräter wider Willen mit bohrender Intensität und ist sängerisch Weltklasse. Mit ebenmäßiger, wunderbar geführter Stimme findet sie betörende dynamische und farbliche Abstufungen. Tamar Iveris Vitellia steht kaum nach: Mit sinnlichem Vibrato und wunderbarer tiefer Lage kann sie die erotische Anziehungskraft der Intrigantin verdeutlichen. (…) Dirigent Michael Hofstetter und die Philharmoniker beweisen die musikdramatischen Qualitäten des Meisterwerks. Ihr Mozartspiel klingt spritzig-schwungvoll sowie farbig, sorgsam phrasiert; der Chor singt ausgezeichnet. So verliert “Titus” auch in Graz seinen schlechten Ruf!

– “Krone” 05.06.2007

 

Stephanie Houtzeel (…) verdeutlicht mit enormer Ausdruckskraft den inneren Konflikt des Sextus. Nahezu ohne Abstriche bewältigt Tamar Iveri mit blühendem Sopran die enormen Anforderungen der Partie der Vitellia. Ohne stimmliche Schärfen und mit genügend dramatischen Reserven stellt sie als kühl berechnende Verführerin ihre Macht über Sextus auf die Probe, nuancenreich vermittelt sie in ihrer letzten Arie den Konflikt zwischen Machtgier und Gewissen. (…) Wahre Wunderdinge hat Michael Hofstetter vollbracht. (…) Schlank und federnd, transparent und geschmeidig, innig und dramatisch und vor allem stets engagiert bieten die Philharmoniker unter Hofstetters suggestiver Leitung spannende Klangreden.

“Kleine Zeitung” 05.06.2007